Abenteuer Rallye-Blog Europe-Africa Rodeo: Update 31.01.2021
Corona, Einreisebestimmungen usw.
Corona in Marokko:
Die Maßnahmen hier im Lande sind sehr streng. Maskenschutz gilt überall und die nächtliche Ausgangssperre ist seit langem in Kraft. Es ist sehr unterschiedlich wie hier mit der Maskenpflicht umgegangen wird. Gesetzlich ist es sogar vorgeschrieben, die Maske im Auto zu tragen, auch wenn man alleine drinnen sitzt.
Beispiel: Ouarzazate ist eine Stadt mit 80.000 Einwohner. Hier trägt jeder und überall eine Maske. In Assa in der Wüste sieht man kaum jemanden mit Maske. Meinem Gefühl nach, sind die Maskenträger stark in der Überzahl.
Die Neuinfektionen sind sehr stabil unter 1.000 (Neuinfektion innerhalb 24h). Die Hotspots sind die Großstädte wie Casablanca oder Rabat. Hier sind die Zahlen auch hoch, im ländlichen Gebiet gibt es kaum infizierte.
PCR Tests sind Kostenlos und schnell (Selbstversuch in Tata).
Vor ein paar Tagen ist der Impfstoff eingelangt (Marokko hat auf einen Mix aus europäischen und chinesischen Impfstoff gesetzt) und das Volk wartet sehnsüchtig darauf, diesen verabreicht zu bekommen. Das Ziel des Königs ist es, für den Ramadan (12. April – 12. Mai) gewappnet zu sein. Sein Plan, bis dahin 80% der Bevölkerung geimpft zu haben, ist zwar ein Großer, aber das Land hat Erfahrung im Umgang mit solchen Aufgaben.
Die Einreise Verpflichtungen sind derzeit wie folgt:
PCR Test nicht älter als 72 Stunden. Bei Einreise mit der Fähre, gilt die Uhrzeit des Einschiffens (also wenn die Fähre am Samstag um 23:59 ablegt, dann muss das negative Testergebnis zu diesem Zeitpunkt Gültigkeit haben).
Eine gültige Hotelbuchung muss vorgewiesen werden. Hier gibt es einen kleinen Trick, den ich in der WhatsApp Gruppe teile, wenn erforderlich.
Unser derzeit größtes Fragezeichen ist die Fähre. Es fahren derzeit ausschließlich 2 Linien. Die Fähre von Genua nach Tanger fährt Planmäßig jeden Donnerstag ab. Die von uns bevorzugte Linie Savon – Tanger (Abfahrt am Freitag um 23:59) hat ihre Fahrten noch nicht aufgenommen und es gibt keine klare Aussage ob und wann diese den Betrieb wieder aufnimmt. Wir sind mit der Fährgesellschaft (Linie Genua – Tanger) bzgl. einer Reservierung in Kontakt. Sorge um einen Platz für alle auf der Fähre muss man sich derzeit keine machen.
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ihr zu einer Abfahrt am Donnerstag um 10:00 Uhr steht, wäre ich euch dankbar, wenn ihr mir eine Mail schreibt oder es in der Gruppe diskutiert.
Die Fähre Marseille – Nador kommt für uns nicht in Frage, deswegen behandle ich das Thema hier auch nicht weiter.
ACHTUNG: Wer über Spanien anreisen möchte - es gibt derzeit KEINE Fähren von Spanien!
Randnotiz, da es in der Gruppe aufgekommen ist: Es gibt keine Marokkaner die darauf warten, die Heimreise antreten zu können. Marokkaner die in Europa arbeiten, sind zu großen Teilen in Spanien und Frankreich als Erntehelfer eingesetzt und belasten die Italien-Fähren kaum.
Sonstiges: Ich habe in der Gruppe gelesen, dass manche meinen Alkohol währe illegal. Das stimmt so nicht. Es gibt gewisse Läden und Hotels die eine Alkohollizenz besitzen. Dort kann man ganz legal sein Bier und sonstiges kaufen. Die 0,33 Liter Dose kostet in der Regel zwischen €2,00 und €2,50 (Hotel).
Was allerdings stimmt: Es gestaltet sich ein wenig Schwierig auch an die Ware zu kommen und gleicht ein wenig einer Schnitzeljagt. Auch die Aussage "im Carrfour gibt es Bier" ist so nicht ganz richtig. Vermutlich trifft das auf Städte wie Casablanca oder Marakkesch zu, in Ouarzazate z.B. gibt es auch dort keines. Als Grundregel gilt: Je mehr Tourismus, desto mehr Bier.
Zu den Gepflogenheiten des Landes: Ja, es wird hier Bier getrunken. Die Einheimischen machen das meist heimlich, wenn sie es tun. Wenn du auf der Hotelterrasse dein mitgebrachtes Bierchen trinken möchtest, dann frag einfach, ob du das darfst. In den seltensten Fällen wird das abgelehnt.
„the good and the bad“
In den vergangenen 2 Jahren ist hier viel passiert, einiges davon gefällt uns nicht: Straßenbau ist der große Trend. Es wir hier auf „Teufel komm raus“ asphaltiert. Der König möchte, dass alle Häuser in Marokko am Straßennetz angebunden sind. Viele der Schotterpisten, die ich eigentlich eingeplant habe, sind nun dem Asphalt erlegen.
Das Positive daran: Im selben Zug wurde das Tankstellennetz ausgebaut. Wir haben nun auf den ersten 2/3 der Reise, nur eine einzige „Hard-Core Strecke“ auf der du, wenn du sie fährst, mit einer Reichweite von 350km rechnen musst.
Persönlich Einschätzung
Da Marokko und die Sahara sehr groß und weitläufig sind, ist die Ausbreitung des Virus hier eigentlich nur in den Städten zu beobachten.
Das Land ist derzeit kaum wiederzuerkennen. In Marrakesch ist alles geschlossen (hier ist es nicht einfach zu essen zu kommen – außer man kauft in den großen Supermärkten ein) und die Unterkünfte sind leer.
In Taghazout (Nähe unserer Schule) lümmeln ein paar Langzeit Touristen herum und warten auf die perfekte Welle. Es sind ausschließlich Surfer unterwegs. Allerdings musst du auch diese Suchen (Touristen – nicht Wellen).
Als ich von der Schule in Richtung Süden bin, habe ich bis zu meiner Rückkehr in Ouarzazate keinen einzigen Touristen gesehen. Weder in Camps, Hotels, Restaurants und auch nicht auf der Straße.
In einem kleinen Camp in Assa hat mir der Besitzer erzählt, dass ich der erste Kunde seit April bin.
Das Land ist sehr stark vom Tourismus abhängig und dadurch extrem hart getroffen.
Wie auch immer man zur Maskenpflicht, Ausgangssperre und Impfungen steht und wie stark Europa auch wirtschaftlich getroffen wurde, hier ist die Welt eine andere.
Der Campingplatzbesitzer, der seit April keinen Gast mehr hatte, hat sich nicht auf die faule Haut gelegt, sondern die Initiative ergriffen. Er hat seine kleine Oase auf Vordermann gebracht. Ein wenig umgebaut und ein neues Feld angelegt. Dann kam der Regen. Soviel wie seit Jahren nicht. Der trockene Boden kann kein Wasser aufnehmen und so passierte, was passieren muss: Aus einem Bach wurde ein Fluss und dieser hat das halbe Campe verwüstet. Seine fixen Berberzelte wurden weggespült, Palmen hat es ausgerissen und ein Teil seines Feldes war zerstört.
Hier gibt es keine Versicherungen wie bei uns. Auch bezahlt der Staat keine Prämien. Es gibt zwar für jeden Bürger die Möglichkeit ein Krankenhaus aufzusuchen, eine spezielle Behandlung kostet aber trotzdem Geld. Geld das man nicht hat, für überfüllte Häuser, die man bei uns nicht einmal in der Pandemie kennt.
Ein weiteres Problem sind die geschlossenen Märkte. Ich hab das System dahingehend nicht durchblickt, aber grundsätzlich sind die öffentlichen Märkte geschlossen. Wer die Märkte kennt, der weiss, wie sich die Menschenmassen hier tummeln. Nun hat der Gemüsehändler kein Einkommen und der Kunde muss in den Supermarkt, den er sich aber nicht leisten kann.
Ein kleines Preisbeispiel: Ich habe auf einem geöffneten Markt eingekauft. Orangen, Bananen und andere Früchte. Es waren 2 Säcke voll und ich hatte schwer zu schleppen. Der Preis, den ich bezahlt habe, war umgerechnet ca. €1,40. Supermärkte – wie Carrefour – haben westliche Preise und werden nur von der Oberschicht besucht.
Was machen nun die ganzen Kellner, Köche und Campbesitzer? Sie sind hier traditionell für die Versorgung der Familien zuständig. Diese leben oft weit weg von ihrem Arbeitsplatz und haben kein Einkommen. Ein Pensionssystem wie im Westen, gibt es hier nicht bzw. nur unzureichend.
Zusätzlich wurde Marokko gerade von einer Kältewelle heimgesucht, die vor allem den Atlas betroffen hat.
Wenn ich nicht gerade im Zelt oder im Kofferraum meine Nächte verbringe, dann sind es meist einfache Unterkünfte. Wenn es auch tagsüber teilweise über 30 Grad bekommt, so sind die Nächte doch sehr kalt. Vor allem in der Früh. Jetzt befinde ich mich aber im warmen Teil des Landes. In den Bergen liegen die Temperaturen in der Nacht aber unter dem Gefrierpunkt.
Beim Besuch in der Schule hatte ich die Möglichkeit, ein wenig mehr über die Lebensumstände der Menschen hier zu erfahren. Ab diesen Zeitpunkt habe ich das „bisschen frieren“ als gegeben genommen.
Was auffällig ist: Logischerweise haben die Menschen jetzt Zeit und die nutzen sie gerne um bei einer Teeeinladung zusammenzusitzen. Was mir besonders aufgefallen ist: Den Virus mag man hier nicht, aber man nimmt alles mit einem Schulterzucken. Keine Verschwörungstheorien, kein Klagen und Jammern und von selbst sprechen sie dieses Thema gar nicht an. Die Grundstimmung hier ist jedenfalls wesentlich besser als in meiner Heimat.
Scouting: Trotz der überraschend vielen Asphaltstraßen, glaube ich, dass es recht ausgewogene Strecken gibt und jeder auf seine Rechnung kommt.
Aber auch wenn du immer den leichten Weg suchst. Aus der Komfortzone holen wir dich mit Sicherheit heraus. Es gibt schwierige Strecken die es in sich haben, du kannst diese aber umfahren und wirst Stundenlang am Asphaltband durch die Steinwüste brettern. Beides – so finde ich – hat etwas.
Es wird die Möglichkeit geben, richtig coole Luxusunterkünfte zu buchen. Es wird aber da oder dort kaum Möglichkeiten geben, sich etwas „schönes“ zu checken.
Das schwierigste an allem, ist die Entscheidung was wir auslassen werden. 2 ½ Wochen sind schon schön knackig für dieses Land. Eines weiß ich jetzt schon: Ihr werdet mich verfluchen und lieben zugleich! Es wird Beschwerden geben über die lange Verbindungsetappen und es wird liebe geben, für die einzigartigen Erlebnisse und Eindrücke. So sind Rallyes eben. Ich glaub es war die letzte „echte“ Dakar, da wurden von fast 10.000km, knapp die Hälfte als „Verbindungsetappe“ geführt.
Ich schätze mich glücklich, dass ich hier unten schon einige sehr gute Kontakte habe. Es tut nicht nur gut, alle mal wiederzusehen, es hilft auch enorm bei der Organisation.
Was allerdings meine leicht grauen Haare Weiß werden lässt, das sind die Behörden. Aber das ist eine andere Geschichte
Hier werfe ich noch schnell ein paar Zahlen in den Raum:
Landesweites Pro-Kopf-Einkommen ist 1.470 Euro – im ländlichen Raum reden wir allerdings von ungefähr €300. Sozialversicherung ist gut ausgestattet, vorausgesetzt man Arbeitet in Handel oder Industrie.
Dies wäre einmal positiv zu vermerken. Die Wirklichkeit sieht allerdings rauer aus.
Einwohnerzahl: 34 Mio – in den 8 größten Städten leben 10 Mio Einwohner.
Die Kluft zwischen Stadt und Land ist groß. 50% der Ärzte des Landes arbeiten in Casablanca und Rabat.
Schulpflicht gibt es, trotzdem besuchen nur 55% der 7-13 jährigen die Schule.
Analphabetenrate: Männer 37% & Frauen 65%
75% des weltweit abgebauten Phosphats stammt aus Marokko
45% der erwerbstätigen arbeiten in der Landwirtschaft
Lebenserwartung ist 69 Jahre (EU ist über 80)